1. Was bieten Bibliotheken heute?
Bibliotheken haben sich in den vergangenen Jahren sehr stark verändert und weiterentwickelt, nicht nur, was die Aufenthaltsqualität und Räumlichkeiten anbelangt, sondern vor allem auch, was an Angeboten für die Nutzer*innen bereitgestellt wird. Neben der klassischen Ausleihe von Büchern, Spielen, CDs oder DVDs bieten viele Bibliotheken Gaming-Ecken für Jugendliche an. Es gibt Maker Spaces mit Nähmaschinen und 3-D-Druckern, Sofaecken zum Entspannen, Computerarbeitsplätze oder Musik- und Podcaststudios. In vielen Bibliotheken kann man heute nicht nur Bücher leihen, sondern auch Alltagsgegenstände wie Bohrmaschinen, Hochdruckreiniger, Spielekonsolen oder Musikinstrumente. In einigen Bibliotheken gibt es zudem Kunstwerke zum Ausleihen. Alles gemäß dem Motto: Leihen statt kaufen.
2. Welche traditionellen Aufgaben erfüllen Bibliotheken heute noch?
Bibliotheken verbinden Tradition und Moderne miteinander. Trotz aller Digitalisierung bleiben ihre klassischen Aufgaben zentral: das Sammeln, Bewahren und Bereitstellen von Literatur, die Förderung von Lesekompetenz und Medienbildung sowie die Ermöglichung kultureller Teilhabe durch Lesungen, Diskussions- oder Literaturveranstaltungen.
3. Welche Rolle spielen Bibliotheken im digitalen Zeitalter?
Bibliotheken sind offene Wissens- und Begegnungszentren, die analoge und digitale Angebote vereinen. Neben klassischen Buchbeständen bieten sie E-Books, Online-Datenbanken, Streaming-Dienste für Filme und Musik sowie digitale Lernplattformen an. Gerade ihre traditionelle Funktion – der freie Zugang zu verlässlichem Wissen – wird im digitalen Zeitalter immer wichtiger. Insbesondere die wissenschaftlichen Bibliotheken setzen auf digitale Angebote u.a. für ihre digitale Langzeitarchivierung, den Zugang zu Open-Access-Publikationen, beim Bereitstellen von Metadaten für Wissenschaft und Forschung oder digitalen Dateninfrastrukturen. Öffentliche Bibliotheken sind heute Orte der digitalen Medienbildung: In zahlreichen Workshops und Veranstaltungen vermitteln sie den Bürger*innen zeitgemäße digitale Medien- und Informationskompetenzen.
4. Wie nutzen junge Menschen Bibliotheken?
Bibliotheken sind zentrale Orte des Austauschs und der Begegnung. Viele junge Menschen sehen Bibliotheken heute als multifunktionale Räume: Sie kommen für Gruppenarbeiten, zum Recherchieren oder einfach, um in einer ruhigen Umgebung lernen und lesen zu können. Zudem nutzen sie deren Gaming-Angebote oder Maker Spaces für ihre Freizeitgestaltung. Außerdem sind Bibliotheken beliebte Treffpunkte – mit offenen Arbeitsbereichen, WLAN, Workshops und kulturellen Veranstaltungen. Das klassische stille Lesen bleibt, aber es teilt sich den Raum mit der digitalen Welt. Gerade diese Mischung macht Bibliotheken für die junge Generation attraktiv.
5. Kann man in eine Bibliothek auch gehen, wenn man keinen Bibliotheksausweis hat?
Bibliotheken sind frei zugängliche Orte für alle Menschen. Mit sehr wenigen Ausnahmen kann man jede Bibliothek auch ohne Mitgliedsausweis besuchen, um dort zu lesen, zu stöbern oder Veranstaltungen zu besuchen. Hier fragt dich niemand, warum du da bist oder wann du wieder gehst. Deswegen sind Bibliotheken zentrale Begegnungsorte und Treffpunkte für alle Generationen. Diese konsumfreien Orte werden immer wichtiger, denn Einsamkeit ist ein wachsendes Problem unserer Gesellschaft, das sowohl individuelle als auch kollektive Auswirkungen hat und Menschen jeden Alters betrifft. Bibliotheken leisten hier einen wertvollen Beitrag für die Bekämpfung von Einsamkeit Als offene und lebendige Treffpunkte heißen sie alle willkommen.
6. Unterstützen Bibliotheken auch beim Umgang mit digitalen Medien?
Digitale Teilhabe wird in Bibliotheken großgeschrieben. Neben dem Verleih von Medien bieten insbesondere Öffentliche Bibliotheken viele Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten an. Für ältere Menschen gibt es beispielsweise häufig Smartphone-Sprechstunden, in denen der Umgang mit dem Handy oder mit Apps erklärt wird. In Berlin unterstützen die Mitarbeitenden der Bibliotheken zudem bei digitalen Dienstleistungen, wie dem Vereinbaren von Arztterminen oder Terminen beim Bürgeramt. Für Kinder und Jugendliche gibt es viele Angebote im Bereich der Medienbildung und zur Förderung von Informationskompetenz. In Workshops klären Bibliotheken u.a. darüber auf, wie man Desinformationen und KI-manipulierte Bilder erkennt oder wie man mit Hass im Netz umgeht. Gerade diese Kenntnisse sind heute für das Recherchieren und für die Einordung von Informationen von zentraler Bedeutung.
7. Welche Aufgaben übernehmen konkret wissenschaftliche Bibliotheken?
Wissenschaftliche Bibliotheken sind Vermittler zwischen Wissenschaft und Forschung. Sie versorgen Wissenschaftler*innen mit kuratierten Fachinformationen und Forschungsdaten und entwickeln eigene anwendungsorientierte Infrastrukturen, um Daten unterschiedlicher Art digital bereitzustellen. Dafür entwickeln sie Software und Codes, programmieren Algorithmen und nutzen KI-Tools, so dass Daten nutzer*innenfreundlich sortiert, gefiltert und auffindbar werden. Gleichzeitig befassen sie sich in der anwendungsorientierten Forschung mit grundlegenden Fragen zu Nutzer*innengewohnheiten und Forschungsroutinen und liefern so essenzielles Grundlagenwissen, um Services zu gestalten, die für zukünftige Forschergenerationen ausgelegt sind.
8. Welche Rolle spielen wissenschaftliche Bibliotheken bei der digitalen Langzeitarchivierung von Daten?
Wissenschaftliche Bibliotheken sorgen durch spezielle Technologien für die langfristige Verfügbarkeit von Daten und schützen sie vor Gefahren wie dem Verlust durch versehentliches Löschen, Feuer, Wasser oder Cyberangriffe. So bleiben wertvolle Sammlungen wie die Noten von Mozart oder Forschungsdaten zu SARS-CoV2 erhalten. Denn wissenschaftliche Bibliotheken sind die Experten fürs Sammeln, Archivieren und das Aufbereiten von Metadaten und Dateiformaten. So bewahren sie mit der Langzeitarchivierung Schätze für die Allgemeinheit – und künftige Forschungsgenerationen.
9. Welche Bedeutung haben historische Bestände und alte Handschriften in Bibliotheken für das kulturelle Erbe Deutschlands?
Diese Bestände sind ein unschätzbares Gut. Sie dokumentieren die geistige, wissenschaftliche und kulturelle Entwicklung über Jahrhunderte hinweg. Besonders Universitäts- und Landesbibliotheken beherbergen Sammlungen von Weltrang – darunter mittelalterliche Handschriften, Inkunabeln und frühe Drucke. Sie werden nicht nur bewahrt, sondern auch erforscht und zunehmend digitalisiert, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie sind ein lebendiger Teil der deutschen Kulturgeschichte.
10. Wie werden Bibliotheken in Deutschland finanziert und welche Unterschiede gibt es zwischen städtischen und ländlichen Einrichtungen?
Die Deutsche Nationalbibliothek (dnb) wird durch den Bund, genauer durch den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM), gefördert, die Universitätsbibliotheken über die jeweiligen Bundesländer. Die meisten Öffentlichen Bibliotheken werden kommunal finanziert, also über die Städte und Gemeinden. Darüber hinaus gibt es viele Öffentliche Bibliotheken in Trägerschaft der Katholischen und Evangelischen Kirche. Im Hinblick auf die klammen Haushaltskassen der Kommunen haben es Öffentliche Bibliotheken oftmals schwer, weil sie zu den freiwilligen Leistungen der Kommunen zählen. Gerade Bibliotheken in ländlich geprägten Regionen stehen hier vor besonderen Aufgaben, auch, weil sie als Begegnungsorte immer wichtiger werden – ihr Beitrag als kultureller Mittelpunkt für die lokale Gemeinschaft kleiner Orte ist unverzichtbar.